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Staatsbankrotte



Die derzeit wohl augenfälligste Ausprägung der Krise sind sich immer deutlicher abzeichnende Staatsbankrotte:

Griechenland, Irland, Portugal - und seit heute nun auch Italien. Und selbst im vermeintlich mächtigsten Land der Welt, den USA, wird derzeit gegen eine bevorstehende Staatspleite gerungen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis das alles zu einem massiven Flächenbrand wird, von dem keine Volkswirtschaft verschont bleibt.

Im kleinen Rahmen ist der Ernstfall bereits eingetreten: So hat sich vor wenigen Tagen der Staat Minnesota für zahlungsunfähig erklärt. Man kann hier schon einmal modellhaft besichtigen, was wahrscheinlich demnächst im ganz großen Maßstab passieren wird: Staatliche Dienstleistungen aller Art finden nicht mehr statt - wobei die ersten Opfer solch einer Entwicklung natürlich die sozial Schwachen sind.

Was ist aber das Wesen eines Staatsbankrotts? Woher kommt er?

Wer verstanden hat, dass die Ursache dieser Krise das schuldenbasierte Geldsystem ist, welches von Anfang an dafür geschaffen wurde, eine Umverteilung von unten nach oben zu bewerkstelligen, der wird sich über die anstehenden Staatsbankrotte nicht wirklich wundern. Sie sind lediglich eine Folge dessen, dass immer neue, immer höhere Schulden aufgenommen werden müssen, damit das System nicht zusammenbricht - was exakt derselbe Mechanismus ist, der für das verantwortlich ist, was stets beschönigend als "Wirtschaftswachstum" bezeichnet wird.

Der Staat ist dabei lediglich der letzte und größte Schuldner in einer langen Kette - und der Staat ist dabei kein abstraktes Gebilde, sondern nichts anderes als das Volk, das er repräsentiert, die Menschen also. Damit ist der Staatsbankrott dann aber auch nur eine weitere Stufe der Ausplünderung der Allgemeinheit zugunsten einiger Weniger - und eine völlig logische Konsequenz dessen, was wir unser "System" nennen. In Griechenland kann man das gerade sehr gut beobachten: Um den angeblich maroden Staat zu "sanieren" wird er an irgendwelche Krisenprofiteure verscherbelt.

Das Ganze gleicht einem Planspiel: Immer mehr wird das Gemeinwesen in den Schwitzkasten genommen, bis es irgendwann restlos geschlachtet werden kann - einschließlich der damit verbundenen Bürgerrechte bzw. des Rechtsstaates. So weit sind wir jetzt, im Juli 2011 zwar noch nicht, aber es gibt Beispiele in der Vergangenheit, wo es gerade so ablief - und ich sehe erst einmal keinen Grund, warum es dieses Mal anders sein sollte.

Das wirklich Spannende an einem Staatsbankrott ist aber, dass er in Wirklichkeit eine Illusion ist. Gibt es nach einem über Nacht ausgerufenen Bankrott einen Menschen weniger, eine Maschine weniger, ein Feld weniger? Nein, wohl kaum. Und dennoch kommt die Wirtschaft in weiten Teilen zum Erliegen. Warum? Weil in den Menschen immer noch die Hypnose wirksam ist, die ihnen gebietet, sich an dieses eine Geldsystem zu binden, und mit ihm gegebenenfalls unterzugehen.

Ein Staatsbankrott bietet damit aber auch eine große Chance: Vielleicht setzt auf diese Weise endlich einmal wieder ein Nachdenken darüber ein, worin der Zusammenhang zwischen "Wirtschaft" und "Gemeinwesen" eigentlich besteht, bzw. dass es ihn überhaupt gibt; und vielleicht auch darüber, was der "Staat" eigentlich ist, warum wir ihn brauchen - und warum es an äffische Dummheit grenzt, ihn einfach so dem dicksten Pavian zu überlassen.

Ein Staat, der bankrott geht, ist ein Volk, das sich ausplündern lässt.

Berlin, 11.07.2011



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