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rahmen

Zum Krisenverlauf: Stand im August 2016

 

Die Zeit der Spalter

 

Inzwischen scheint die Krise in eine neue Phase eingetreten zu sein.

Wie es ja vorauszusehen war, drängt die Absurdität der wirtschaftlichen Schuldenspirale immer mehr nach einem Ventil. Nun ist es so weit, dass bestimmte, an dieser Stelle bereits im Jahre 2010 angekündigte Entwicklungen sich immer mehr manifestieren. Ich wundere mich dabei aber doch über die Vorhersehbarkeit all dieser Dinge, als da wären:

Zu den Ursachen all dieser Entwicklungen wurde ja schon einiges gesagt: schuldenbasiertes Geld und seine Implikationen.

Interessant ist momentan aber vor Allem, zu beobachten, wie im Zuge dieser  Entwicklungen eine ganz bestimmte Psychologie und damit auch ein ganz bestimmter Menschentypus Oberwasser bekommt. Ich kann da viel über die Menschen lernen. Es ist der Typus des Spalters, also eines Menschen, dem es nicht um Verantwortung, nicht um Wahrheit und auch nicht um Kreativität geht, sondern der nur ein einziges Ziel besitzt: das Säen von Zwietracht und die Zerstörung bestehender Verhältnisse. Der Weg, dies zu bewerkstelligen, liegt für ihn in der Verbreitung von Vorurteilen, von Unwahrheiten und von Schubladendenken.

Es ist wichtig, den Punkt zu erkennen, an dem der Spalter mit seinem Tun ansetzt: er spricht von einzelnen Nationen, von Gruppen, von Rassen und Religionen. Er teilt die Menschen in scharf voneinander abgegrenzte Gruppen ein und apelliert an den Verstand der Menschen, sich einer dieser Gruppen zugehörig zu fühlen. Und verstandesgeleitete Menschen sind dann natürlich auch gerne bereit dazu, denn genau so ist ja die Funktionsweise des Verstandes: die Welt in Schubladen einteilen, sie kategorisieren und dadurch den Wahn aufrechterhalten, man habe alles unter Kontrolle.

Zumeist legt der Spalter seinem Opfer durch die Benutzung der Worte "wir" und "die" nahe, im Geiste Gruppen zu bilden und dabei zu entdecken, wie sehr man ja der einen oder der anderen Gruppe zugehörig sei. Der Spalter selbst tut dabei so, als würde er sich für diese Gruppe aufopfern und im Rahmen dieser Gruppe für "das Gute" kämpfen. Er ist ein Meister der Scheinheiligkeit.

Hat es der Spalter dann geschafft, den Menschen von diesen Schubladen zu überzeugen und sich in eine davon einzuordnen, dann hat er damit auch schon die Basis geschaffen, auf der alles, was dann folgt, gedeiht, nämlich genau jene vier Pukte, die ich eingangs nenne: politische Entfremdung, Verrohung, Radikalisierung, Kriegstreiberei.

Wen meine ich denn hier konkret?

Nun, da sind natürlich zunächst einmal die islamistischen Fanatiker, die schon seit Jahren mit ihren Terroranschlägen vor allem ein Ziel verfolgen: Die Spaltung der westlich geprägten, freiheitlichen Gesellschaften. Ein anderes Ziel ist nicht sichtbar und auch nicht ereichbar mit ihrer Selbstmord-Strategie. Und man muss ehrlicherweise sagen: Dieses Ziel immerhin erreichen sie! Und zwar findet die Spaltung des Westens inzwischen als Selbstläufer statt, als Reaktion auf den Terror aus dem Nahen Osten, die alles noch verschlimmert - ganz im Sinne der Spalter. So entpuppen sich die Bomben- und sonstigen Terroranschläge als genau das, als was sie auch gemeint waren: als das Streichholz, das das Haus zum Brennen bringt. Mehr aber auch nicht. Der Mechanismus ist dabei der, dass das Spalterprinzip von Machthabern und sogar ganzen Gesellschaften (dankbar) übernommen, weitergeführt und sogar perfektioniert wird - in der Regel mit der Hoffnung verbunden, auf diese Weise könne von der eigenen Verantwortung und von eigenen Missständen abgelenkt werden.

1. Beispiel Russland. Die verlogene Kriegsführung in der Ukraine (mit verkleideten Geistersoldaten), die Unterwanderung von fair-play (Dopingskandal), die Nichteinhaltung von internationalen Abkommen, die Missachtung von humanistischen Mindeststandards, und vor Allem: der komplette Mangel an Selbstkritik bezüglich des Zustandes des eigenen Landes (etwa bezüglich einer durch und durch alkoholisierten Gesellschaft mit einer Lebenserwartung die nicht einmal mehr Drittweltniveau hat). Das alles ist nur möglich vor dem Hintergrund einer hemmmungslosen Glorifizierung des Russentums durch den Spalter Putin und seine Handlanger, etwa die russisch-orthodoxe Kirche und die ortsansässige Mafia. Dass er aber seinem Russland, das er angeblich so liebt, so gar nicht hilft, indem er von den inneren Problemen ablenkt und jeden Ansatz von Erneuerung und Kreativität erstickt, merkt der Spalter gar nicht mehr. Es ist ihm egal. Letztendlich findet dabei nur eines statt: Die Degeneration von zivilisatorischen Prinzipien.

2. Beispiel Türkei. Hier heißt der Spalter Erdogan. Er ist eine relativ eindimensionale Figur, die wie ein dreijähriges Kind, das gerade sein Ego entdeckt hat, jeden, der in seinem Sandkasten mitspielen möchte, mit Dreck bewirft. Aber so primitiv, offensichtlich korrupt und durchsichtig er mit seiner Machteiferei daherkommen mag: viele Leute nehmen es ihm ab und vertrauen ihm. Warum? Weil er ihnen durch die Kultivierung des Türkentums so etwas wie einen Freibrief zum Gespaltensein gegeben hat. Indem sie sich mit einer Schublade namens "islamische Türkei" identifizieren und sich damit auf der Seite der "Guten" wähnen dürfen, lassen sie ihrem Oberspalter so allerlei durchgehen.

3. Beispiel Großbritannien. Es war die Karikatur einer Volksabstimmung, die zu diesem so genannten Brexit geführt hat. Da wurde mit offensichtlichen Unwahrheiten argumentiert, die nur der Stimmungsmache, nicht aber der der Sondierung der für das Land besten Lösung diente. Die größte Klappe hatte dabei eine Handvoll archetypischer Spalter, unter Anderem Boris Johnson und Nigel Farage, deren einziges Interesse darin bestand, Aufmerksamkeit zu erheischen, um dadurch die eigenen Pfründe fetter zu machen. Ihr nicht vorhandenes Interesse an echten Lösungen zu echten Problemen der Menschen konnte man dann spätestens daran erkennen, dass sie sich gleich nach der Wahl regelrecht verpissten. Womöglich hätte man ja Verantwortung übernehmen müssen.

Dies sind jetzt nur besonders prominente aktuelle Beispiele, in denen der Typus des Spalters als Reaktion auf die Lunte, die woanders gelegt wurde, auftaucht. Es gibt ihrer noch viele mehr, große und kleine, wichtige und unwichtige. Aber ihre Wirkung ist stets dieselbe. Mir fällt da ganz spontan die Figur des Destructivus aus dem Comic "Streit um Asterix" ein: ein offensichtlich mit Komplexen behafteter Mensch, der Vergnügen daraus zieht, andere ins Verderben zu stürzen, und sich selbst dabei mächtig fühlt . Selten wurde dieser Menschentyp besser dargestellt.

Jetzt ist es an uns, zu lernen, wie man mit ihm umgeht. Tatsache ist aber: Dass dieser Menschentypus derzeit so reüssieren kann, hat damit zu tun, dass es bereits ein bestimmtes Maß an Misstrauen in dieser Gesellschaft gibt - Misstrauen, das aus dem wirtschaftlichen Ungleichgewicht in der Gesellschaft resultiert. Hier liegt die Ursache für Probleme, nicht in den Islamisten, Putins, Erdogans, Johnsons dieser Welt. Sie alle verrichten nur das Handwerk dessen, der da sagt: Teile und herrsche.

 

 

Berlin, 30.08.2016

 

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