Jetzt, mit Trumps Vereidigung zum Präsidenten der USA, werden
unweigerlich Veränderungen eintreten.
Gewählt wurde er von jenen Bevölkerungsschichten, die sich von Politik und
Gesellschaft im Stich gelassen fühlen. Zu Recht fühlen sie so: Die auf
groteske Weise auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich, nicht nur
auf globaler Ebene sondern auch innerhalb der westlichen Gesellschaften ist
der offensichtliche Ausdruck davon. Tatsächlich ist diese Entwicklung ein
Ausdruck der Wirkungsweise des Prinzips der Teilhabe:
Je geringer der
Bevölkerungsanteil, der an der gesellschaftlichen Entwicklung Teil hat,
desto instabiler wird diese Gesellschaft.
Nun gibt es exakt zwei Szenarien für die kommende Präsidentschaft Trumps:
Im ersten Szenario leitet er Maßnahmen ein, die tatsächlich die amerikanische Gesellschaft stärken und ihre Kräfte in konstruktiver Weise bündeln. Das könnte gelingen, indem jene Strukturen des Landes gestärkt werden, die den Abgehängten zugute kommen. Da geht es natürlich auch um eine Verbesserung der Infrastruktur, des Bildungswesens, des Gesundheitswesens, des Sozialsystems, des Arbeitsmarktes. Vor allem aber geht es um die Durchführung einer Umverteilung der Reichtümer des Landes hin zu mehr Egalität und Chancengleichheit - indem bisherige Eliten einen Teil ihrer Pfründe abgeben.
Genau hier sind aber Zweifel angebracht. Die neue Regierungsmanschaft setzt sich fast ausschließlich aus Millionären, Bank- und Wirtschaftsfunktionären sowie Militärs zusammen. Das sind aber allesamt Menschen, die selbst die allergrößten Profiteure der bisherigen Zustände sind, und damit - entgegen anderslautender Behauptungen - ein Teil des Establishments. Sogar in noch stärkerer Weise als irgendwelche konventionellen Politiker. Von diesen Leuten kann man mitnichten erwarten, dass sie Reformen durchführen, die den kleinen Leuten zugute kommen. Zu groß sind ihre Verstrickungen mit dem existierenden Finanzsystem. Und selten passte der Ausdruck "den Bock zum Gärtner machen" besser als hier.
Wahrscheinlicher ist Szenario 2: Die Regierung Trump wird sehr schnell merken, dass es schwer wird, die Erwartungen ihrer Wähler zu erfüllen ohne dabei gegen die eigenen (d.h. persönlichen) Interessen zu handeln. Da Trump aber in dem, was er sagt, durchaus als aufrichtig bezeichnet werden kann und er mit Sicherheit gut vor seinem Volk dastehen möchte, wird sich seine Regierung aufs Ablenken von den wahren Ursachen der Unzufriedenheit verlegen: Die Schuld wird dann bei anderen gesucht, bei anderen Nationen, bei Minderheiten, ja, sogar bei der Wissenschaft (Stichwort: Leugnung des menschengemachten Klimawandels).
Die Folge wird sein, dass Gewalt allgemein und Kriege im Besonderen wieder wahrscheinlicher werden, und dass das alles schlussendlich auf dem Rücken derer ausgetragen wird, die sich am wenigsten wehren können. Man könnte auch sagen: es wird ein klassischer Raubzug stattfinden, ähnlich wie in der Antike oder im Mittelalter, wenn ein Fürst, dessen Volk unzufrieden war, kurzerhand das Nachbarvolk überfiel, um mit der erlangten Beute seine Gefolgschaft zufriedenzustellen. Dieses Szenario wäre kein Fortschritt für die Menschheit und noch nicht einmal für die USA.
Man darf gespannt sein.
Berlin, 21.01.2017
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